Ein Anruf von Tante Hannelore:

Morgens um acht. Ich erkenne den Anruf von Tante Hannelore schon am sympathischen Klingeln. Meine Tante Hannelore hat ein großes Herz. Ihr tun die vielen Flüchtlinge aus der Ukraine und anderen Ländern leid. Und da zwei ihrer bislang vermieteten Wohnungen dieses Monat zurückgegeben werden und damit frei sind, überlegt sie, diese für eine gewisse Übergangszeit Flüchtlingen zur Verfügung zu stellen. Sie fragt mich:

Kann ich meine Wohnung einem Flüchtling einfach überlassen und was gibt es zu beachten?

Die Faktenlage:

In diesem Artikel geht es lediglich um Vereinbarungen zwischen Wohnungseigentümern und Mietern bzw. Bedürftigen. Nicht behandelt werden Fälle der Untervermietung oder Vermietung an Hilfsorganisationen oder Behörden, welche diesen von ihr angemieteten Wohnraum dann in Folge an Bedürftige weitergeben.

Natürlich kann man auch einem Flüchtling oder Asylbewerber einen üblichen Mietvertrag ohne Überprüfung des Einkommens geben. Allerdings werden die Wenigsten sich eine übliche Miete leisten können. Im Streitfall wird man sich als Vermieter fragen lassen müssen, ob ein Mietausfall nicht vorhersehbar war und daher eine implizite Zustimmung bereits bei Vertragsabschluss vorgelegen ist.

Eine einfache Reduzierung des Mietzinses führt noch nicht automatisch zu einer Änderung der Rechtsverhältnisse. Im ungünstigsten Fall hat man einen Mietvertrag mit geringem Mietzins, ohne Werterhaltung und dies unbefristet.

Eine mögliche Lösung sind Bittleihverträge, auch Prekariatsverträge genannt. Mit solchen Verträgen kann man seinen Wohnraum Bedürftigen unentgeltlich überlassen. Sie sind jederzeit und ohne Angabe von Gründen kündbar. Prekariatsverträge unterliegen nicht dem Mietrechtsgesetz (MRG).

Unentgeltlich bedeutet aber nicht, dass man gar keinen Mietzins erheben darf. Folgendes ist erlaubt:

  • Betriebskostenanteil, der durch die Benutzung der Wohnung angefallen ist.
    Also ein angemessener Anteil am Allgemeinstrom, Müll, Heizkosten u.s.w.
    Nicht weiterverrechnet werden dürfen Betriebskosten, welche der Wohnungseigentümer auch ohne diese Vermietung zu tragen hätte wie z.B. die Grundsteuern, Versicherung oder Kosten der Hausverwaltung.
  • Erhebung eines „Anerkennungszinses“ ist ebenfalls erlaubt. Solange nur dieser Anerkennungszins verlangt wird, liegt nach zivilrechtlichem Verständnis keine entgeltliche Gebrauchsüberlassung vor. Der Anerkennungszins beträgt maximal 10% des ortsüblichen und nach dem Mietrechtsgesetz (MRG) erlaubten Mietzinses. Jedoch ist diese Grenze nicht klar definiert und müsste im Streitfall individuell entschieden werden.

Meine Antwort für Tante Hannelore:

Wie immer antworte ich Tante Hannelore in diesem Blog. Dann kann sie ihn an Ihre Freundinnen weiterleiten.

 Liebe Tante Hannelore,

es ist sehr warmherzig von Dir, dass Du Deine Wohnungen für Flüchtlinge zu Verfügung stellen möchtest.

Du kannst das mit Prekariatsverträgen tun. Diese sind unentgeltlich und jederzeit ohne Angabe von Gründen kündbar. Wenn Du möchtest, darfst Du auch einen Anteil an den Betriebskosten verrechnen, den die Bedürftigen durch ihre Anwesenheit erzeugen. Bei der Verrechnung vom Anerkennungszinses rate ich Dir, besser deutlich unter den 10% des üblichen Preises zu bleiben. Denn die Grenze ist nicht ganz klar und wenn Du etwas Gutes tun möchtest, solltest du hier etwas großzügig sein.

Bedenke auch, dass Deine Wohnung dadurch nicht besser wird und die Renovierungskosten eher steigen als sinken werden. Daher eignet sich Deine Wohnung im 1. Bezirk dafür eher nicht.

Die Wohnungen in Deinem alten Haus von Tante Mizzi aber sind sehr gut dafür geeignet. Denn Du bist eh gerade dabei, das Haus für die geplante, durchgreifende Sanierung abzusiedeln. Das wird noch 20 Monate dauern und in dieser Zeit könntest Du die bereits leeren Wohnungen Bedürftigen mittels Prekariatsverträgen überlassen. Sie hätten eine günstige Bleibe und Du musst nicht alle Kosten bis zum Ende des letzten regulären Mieters zahlen. Eine echte Win-Win-Situation.

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