Ein Anruf von Tante Hannelore:

Morgens um acht. Ich erkenne den Anruf von Tante Hannelore schon am sympathischen Klingeln. Meine Tante Hannelore ist ganz aufgeregt und berichtet mir, was sie soeben in der Zeitung las. Da musste eine Besitzerin einer Eigentumswohnung für die Reparatur eines Balkongeländers ihres Nachbarn zahlen. Tante Hannelore wohnt ebenfalls in einer Eigentumswohnung. Sie weiß, dass Sie anteilig an den Reparaturen der allgemeinen Teile des Hauses beteiligt ist. Die Hausverwaltung regelt das für sie und alle anderen Wohnungsbesitzer. Aber das Balkongeländer? Sie fragt mich: Muss ich auch für das Balkongeländer meines Nachbarn zahlen?

Die Faktenlage:

Im Wohnungseigentum ist der Balkon sogenanntes Sondereigentum. Man hat das dingliche Recht, dieses ausschließlich nutzen und allein darüber verfügen. Ebenso wie über seine Küche oder Schlafzimmer. Das gilt nicht für die allgemeinen Teile des Hauses, wie z.B. das Stiegenhaus, die Fassade oder das Dach. Dies alles ist Allgemeineigentum und gehört allen Miteigentümern.

Ob auch das Balkongeländer zum Sondereigentum dazu gehört, da es ein Teil des Balkons ist oder doch ähnlich der Fassade als Allgemeineigentum zu sehen ist, wurde bisher noch nicht richterlich entschieden. Nun wissen wir es: Zumindest die Außenfläche des Balkongeländers gehört zum Allgemeineigentum. Es lebe der feine Unterschied. Wie kommen wir zu dieser Erkenntnis?

Der Anlass dieses richterlichen Urteils ist eine kleine Geschichte aus dem Jahre 2021 in der Steiermark. Die Balkongeländer der Tops 9 und 12 eines Hauses mit Eigentumswohnungen hatten Sicherheitsmängel. Also forderte der dortige Senat ALLE Wohnungseigentümer im Haus auf, die Sache zu beheben. Diese Behebung betraf in diesem Fall die Außenfläche des Balkongeländers. Also wurden alle Eigentümer verständigt. Demnach auch jene, deren Balkon gar nicht betroffen war, wie z.B. die Wohnungseigentümerin von Top 10. Ihr Balkon war in Ordnung – samt Geländer und dessen Außenfläche. Diese hatte sich beim dortigen Landesverwaltungsgericht (LVwG) zunächst erfolgreich gegen die Anordnung des Senats gewehrt, fremde Balkone (bzw. deren Geländer) Wohnungen reparieren zu lassen und damit auch zu bezahlen. Doch dagegen legte wiederum der Senat eine Amtsrevision ein und bekam vom Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Recht (Ra 2021/06/0116).

Meine Antwort für Tante Hannelore:

Wie immer antworte ich Tante Hannelore in diesem Blog. Dann kann sie ihn an Ihre Freundinnen weiterleiten.

Liebe Tante Hannelore,

Du hast über einen Fall in der Steiermark gelesen. Ja, dort sind die Richter der Meinung, dass speziell die Außenseite des Balkongeländers, ähnlich der Fassade, als allgemeiner Teil anzusehen ist. Insbesondere dann, wenn es um sicherheitsrelevante Aspekte geht.

Dann geht es alle Eigentümer an. Das gilt aber nicht unbedingt für das ganze Geländer an sich. Wenn es sich um das ganze Geländer als solches handelt, wäre ich vorsichtiger und würde doch eher vermuten, dass jeder für sein eigenes Geländer aufkommen muss. Wo auch immer die Grenze zwischen Geländer und Geländer-Außenseite zu ziehen ist. Dein Geländer kenne ich. Es ist technisch OK und wird wohl noch ewig halten – ebenso wie bei Deinen Nachbarn. Auch wenn sich jemand mit etwas mehr Gewicht dagegen lehnt wie Onkel Helmut.

Share This